„Lichterspaziergänge“ in Lübeck – So nicht.

Seit Wochen treffen sich in vielen Städten Menschen, um gegen die aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu protestieren. In Lübeck sind es die sogenannten „Lichterspaziergänge“ Diese zunächst als legitimer Ausdruck demokratischen Bewusstseins erscheinenden Veranstaltungen, lässt uns als GEW Lübeck bei näherer Betrachtung mit großer Sorge zurück. Dabei geht es uns nicht darum, die Kritik an den Maßnahmen zu delegitimieren.

Diese Veranstaltungen werden auf verschiedenen Kommunikationsformen, wie z.B. dem Nachrichtendienst „Telegram“ organisiert. Leider lassen sich in diesen Gruppen wiederholt antisemitische Verschwörungstheorien finden, die mit wissenschaftsfeindlichen Haltungen und Äußerungen oft einhergehen. Ebenso lässt ein Blick auf die wortführenden Personen dieser Gruppen, eine Unterwanderung von rechtsextremen Kräften beobachten. So unterhält eine Administratorin der sogenannten „Freien Lübecker“ bundesweite Kontakte zur NPD. Auf diesen Demonstrationen werden als Ordner Personen aus dem Kreis der Jungen Nationalen und NPD eingesetzt. Es wird mit nationalsozialistischen Symbolen und Beiträgen kokettiert. In anderen Telegram Gruppen, die sich zwar gemäßigter äußern ist der AfD Landtagsabgeordnete Claus Scheffer aktiv, der sich als parlamentarisches Sprachrohr der Bewegung versteht und versucht in die Gruppenaktivität einzuwirken. Eine politisch neutrale Haltung ist damit nicht mehr gegeben, so sehr auch dieser Anschein nach außen vermittelt werden soll.

Vielmehr ist zu sehen, dass zaghafte Versuche Einzelner, sich von diesen rechten Kräften und Einflüssen zu distanzieren, in massiven Beschuldigungen Seitens der einschlägigen rechten und antidemokratischen Wortführer gipfeln und sofort ausgegrenzt werden. Von einer demokratischen und legetimen Organisation kann dementsprechend nicht mehr die Rede sein.

So sehr wir die Sorgen und Ängsten auch unserer Mitglieder bezüglich der Coronamaßnahmen ernst nehmen, so wichtig ist es uns deutlich zu machen, wer sich mit rechtextremen und antidemokratischen Kräften einlässt, wer antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet und sie toleriert, der verlässt den Pfad der demokratischen Auseinandersetzung und zerstört damit einen Grundpfeiler unserer gewerkschaftlichen Arbeit. Aus diesem Grund ist unser Engagement im Bündnis „Wir können sie stoppen!“ sowie die Unterstützung der Lübecker Erklärung für uns eine Herzensangelegenheit und Pflicht.

Wir können diese Pandemie nur gemeinsam und solidarisch überwinden. Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo sie die Freiheit eines anderen einschränkt. Das muss uns allen bewusst sein. Dabei ist klar, dass alle gesellschaftlichen Akteure:innen auf der Suche nach der richtigen Strategie sind. Dabei darf nicht der individuelle Vorteil und Profit des Einzelnen im Vordergrund stehen und das tägliche Engagement an der Basis, ignoriert werden, wie z.B. von Erzieher:innen, Lehrkräften und den Hochschulen. Umso lauter muss hier unsere Stimme sein. Als Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft stehen wir an der Seite der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Dazu gehört allerdings auch der dialektische Prozess der Auseinandersetzung und Aufklärung, den wir mit einem klaren Profil unserseits unterstützen wollen.

Die GEW Lübeck wird sich zukünftig auch weiterhin daran beteiligen, die Grundwerte unserer Gesellschaft zu stützen und für einen gesellschaftlichen Austausch zu sorgen. Dabei ist die Mitarbeit und Beteiligung jedes Einzelnen gefragt. Wir rufen dazu auf, sich nicht auf Verschwörungstheorien einzulassen und alles kritisch zu hinterfragen. Jeder von uns muss aufgeschlossen sein für die Belange des Anderen auch wenn das bedeutet, dass die eigene Freiheit dadurch eingeschränkter ist. Nur so kann eine gemeinsame Auseinandersetzung funktionieren. Wir dürfen nicht zulassen, dass antidemokratische und rechte Kräfte diese Situation ausnutzen, um unsere Gesellschaft zu spalten und ihr Gedankengut als legitime Meinung zu veröffentlichen.

Frei

Lübecker Erklärung

Wir Menschen aus Lübeck, Verbände und Organisationen, sagen Nein zu Nazis und Rechter Gesinnung, Nein zu der Verharmlosung und Instrumentalisierung der Coronapandemie und deren Schutzmaßnahmen. Seit Beginn der Pandemie helfen wir, diese zu überwinden – als unterstützende Nachbar*innen, als Wissenschaftler*innen, als Aktivist*innen, als Pflegekräfte und Ärzt*innen, als Eltern und Angehörige – mit Maske, Abstand und Impfung. Eine Debatte über die Verhältnismäßigkeit von staatlichen Maßnahmen ist wichtig, aber wir werden sie nicht mit Rechten führen. Wer die so genannten „Spaziergänge“ unterstützt, unterstützt unsolidarische Haltungen, unterstützt Demokratiefeinde und Nazis. Demokrat*innen marschieren da nicht mit! Wir tragen unsere Forderung nach einem echten solidarischen Umgang mit der Pandemie auf die Straße. Fast 80 % der Schleswig-Holsteiner*innen sind geimpft und halten sich respektvoll an die Maßnahmen. Sie tragen zum Schutz der Mitmenschen und zur Eindämmung der Pandemie bei.